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Das Goldhaubensticken

Die Goldhaube wurde einst genau so hergestellt wie jetzt - das heißt, die Technik, die Handarbeit, ist gleichgeblieben, das Material veränderte sich etwas.

Ein 16 x 112 cm langes Goldstoffband wird gewebt und in einen Stickrahmen eingespannt. Entweder wird das Stickmuster nach freier Phantasie entworfen oder es werden Anleihen bei alten Goldhauben und volkskundlichen Mustern gemacht.

Was aber nun auf das Gewebeband gestickt wird, macht die Pracht und den Preis der Haube aus. Was heute als Pailletten bezeichnet wird, nannte man früher Flinserln. Diese vergoldeten Flitterplättchen waren im Biedermeier oft aus Silber, sie sind heute aus Kupfer oder verwandten Legierungen. Die Flinserl sind zwar nur so groß wie Linsen, haben aber die verschiedensten Formen. So gibt es zum Beispiel die "Schüsselflinserl", die "Krausllinserl", die wie ein Türkenbund gestalteten "Bündel" oder die besonders kostspieligen Boillonen.

Dass in der Zeit des Vormärz (bis Mitte 19. Jahrhundert) eine ganze handwerkliche Industrie damit beschäftigt war, das Material für die "güldenen Haubm" herzustellen, zeigt die Tatsache, dass in Wien eine eigene Zunft der "Flinserlschlager" bestand. Freilich hat man die Flinserl damals auch auf Halstücher, Taschen oder Kleider genäht.
Nachdem dieser goldene Streifen bestickt ist, muss der besonders schwierige Knauf angefertigt werden. Alles zusammen wird dann auf ein Draht-gestell, das aus zwei verschieden großen Kreisen besteht - der äußere Kreis hat etwa 112 und der innere 15 cm Umfang -, die miteinander durch Drahtrippen verbunden sind, montiert. Füttern der Haube und Aufsetzen der schwarzen Spitzen-Masche bilden die letzten Arbeitsgänge.

Einen besonderen Unterschied gibt es allerdings bei der Herstellung der Haube: einst waren es die "bürgerlichen Putz- und Haubm-Macherinnen", die diese Kopfbedeckungen zum Verkauf anfertigten, heute sind es in den meisten Fällen die Frauen selbst, die unter Anleitung einer kundigen Stickkursleiterin ihre Haube eigenhändig erschaffen. Natürlich gibt es im Lande Oberösterreich auch noch einige Goldhaubenstickerinnen, die diese kunstgewerbliche Tätigkeit für den Verkauf ausüben.

Wie lang man an der Goldhaube stickt, hängt von der persönlichen Begabung und von der Fingerfertigkeit ab. Man rechnet etwa 250 bis 300 Arbeitsstunden, die in dieses Werk investiert werden müssen.

1. Stickkurs Okt. 1978 - Apr. 1979

Viel Zeit und viel Geld stecken also in einer solchen Goldhaube und noch einiges mehr: Fleiß, Ausdauer, Geduld und Selbstüberwindung müssen aufgebracht werden, um so ein Werk fertig zu stellen.

Die Investition der ideellen Werte zeichnet die selbst geschaffenen Hauben aber auch sehr aus. Die Besitzerin, die in diesem Fall mit der Erzeugerin ident ist, hat von vornherein eine recht innige und glückhafte Beziehung zu ihrer Goldhaube.